Jordan sprach mich im Juli auf mein Doctor Who-Shirt an, so kamen wir ins Gespräch. Als erstes fiel mir sein Missionarsoutfit, bestehend aus weißem Hemd, Krawatte und auszeichnendem Namensschild auf. Da ich mich bemühe, vorurteilsunbehaftet durch die Welt zu gehen, ließ ich mich auf eine Unterhaltung mit ihm ein. Mir war bewusst, dass er früher oder später mit dem Thema “Glauben” anfangen würde, und so lud er mich dazu ein, mir seine Geschichte zu erzählen.
Weil es mich interessierte, wie ein junger, kluger Mensch so überzeugt von einer Religion wie dieser sein kann, wollte ich mir anhören, was er zu sagen hatte und nahm seine Offerte an.
Ich befinde mich gerade am Heimweg von unserem Treffen im Zentrum für Jugendliche der Kirche der heiligen letzten Tage oder so. Fälschlicherweise ging ich davon aus, ihn im Zivil zu treffen. Und alleine. Er empfing mich zusammen mit einem anderen “Elder”, so heißen wohl die Missionare bei den Mormonen. Statt uns in einen Park oder ein gemütliches Café zu setzen, ließ ich mich auf besagtes Mormonen-Jugend-Zentrum ein.
Vor Ort wurden wir bereits von einem alten Herrn erwartet, auch ein “Elder”, wohl aber höheren Ranges. Der Raum war hell und ordentlich, gleich beim Eingang stand ein Tischfußballtisch und weiter hinten war es auch möglich Billard zu spielen. Scheint entweder ziemlich langweilig zu sein, seine Zeit hier zu verbringen oder ich interpretiere falsch.
Wir setzten uns auf schwarze Ledercouches und Jordan meinte, bevor ein Gespräch beginnt, wird gebetet. Meinetwegen. Alle nahmen eine bedächtige Position ein und schlossen die Augen. Mein Gesichtsausdruck wurde skeptisch. Jordans Kollege begann, sich bei Gott dafür zu bedanken, dass wir heute zusammenfanden und sagte noch irgendwelche abgedroschenen Gebets-Dinge. Die drei Männer schlossen ihre Gebete mit einem “Amen” ab.
Man erkundigte sich, wie es mir soeben ging. Ich sagte, mich unwohl gefühlt zu haben, da ich den Sinn, sich bei jemandem, dessen Existenz weder bestätigt, noch widerlegt ist, für Dinge zu bedanken, die man selbst bewerkstelligt hat.
Es ging damit weiter, dass er mir auf langatmige Weise erklärte, was Mormonen sind und woran sie glauben. Das Buch Mormon ist ein ergänzendes Werk zur Bibel, ebenfalls ein Ratgeber der anderen Art, in der sich jeder Leser wiederfindet. Es besagt, dass alle Menschen nach dem Tod zu einem bisher unbekannten Zeitpunkt wieder aufersteht und – je nach Jesus Christus’ Urteil auf ewig unendlich glücklich weiterlebt oder in der Hölle schmort.
Darauf bereiten sich die Mitglieder dieser Glaubensgemeinschaft ihr Dasein auf Erden lange vor. Das macht sie natürlich zuversichtlich und glücklich, Vorfreude ist ein tolles Gefühl. Mein Problem damit ist die Realitätsferne, mit der an die Sache herangegangen wird.
Gleich nach dieser Einführung habe ich meinen Standpunkt klar gemacht.
Es gibt nichts Übersinnliches. Vereinfacht ausgedrückt sind wir ein Haufen zusammengesetzter Teilchen, in dem chemische Prozesse ablaufen und ein unbedeutendes Pünktchen im Universum. Höhere Mächte und die Idee eines Schöpfers sind Firlefanz. Ich glaube an die Physik und mich, mehr brauche ich auch nicht.
Mir wurde daraufhin die Existenz eines Gottes damit begründet, dass ich auf dieser Welt bin, es war dem Richter Jesus’, Wille und da ich schließlich auch weiß, dass es New York gibt, obwohl ich es nie mit eigenen Augen sah.
Für mich gab es danach nur einen klaren Schluss : Zwerge und Orks können somit genau so gut existieren. Steht ja auch in Büchern. Ich frug den Mormonen-Ältesten, ob das denn ihrer Meinung nach, auch möglich sei. “Das könnte gut der Wahrheit entsprechen.” Ab diesem Zeitpunkt war es endgültig vorbei. “Und wenn ihr einfach sterbt und es kein “Danach” mehr gibt ?” erkundigte ich mich. “Dann hast du Recht behalten, aber du wirst schon sehen, wenn du dann vor Jesus, dem Richter, stehst.” Ich bewundere diese Menschen dafür, so zweifellos an etwas derart weit Hergeholtes zu glauben.
Jordan wollte mir vorhin genanntes Buch Mormon mitgeben, damit ich es lesen und mich selbst davon überzeugen kann, ob das alles Realität oder Schwachfug ist und vielleicht auch daraus lernen zu können. Ich nahm es und blätterte darin. Permanent sprangen mir Worte wie “Gott”, “der Herr”, “Jesus”, “Geist”, “Glaube”, etc. ins Auge. “Es tut mir leid, ich habe bereits eine gefestigte Meinung zu Gott, Jesus und dem heiligen Geist. In meinem Regal stehen noch so viele spannende Bücher, die ich alle lieber lese als dieses hier.” sagte ich und gab es ihm zurück.
Man verabschiedete mich mit “Wir lieben dich trotzdem.”